Teil 3: Die Ziegen
Norwegens Landschaft war wunderschön, die Snøfrisk®-Molkerei war hochinteressant und jetzt wird es auch noch niedlich. Im dritten und letzten Teil unserer Story über den Ursprung des beliebten Ziegenfrischkäses laden wir euch ein, mit uns Eva Kristin Fjørstad und ihre Snøfrisk®-Ziegen zu besuchen. Es gibt Milch.
Wir sind auf dem Weg zu Steffens Lieblingsziegenbäuerin, Eva. Mit ihr hat er früher besonders gern zusammengearbeitet, als er noch für die Qualität der Ziegenmilch bei TINE verantwortlich war. Das sollten wir bald nachvollziehen können. Eva ist eine ungemein sympathische Person mit einer bodenständigen, geradlinigen Art. Es ist einfach toll mit anzusehen, wie liebevoll sie bei allem professionellen Pragmatismus mit ihren Tieren umgeht. Wir würden ihr unsere Ziegen sofort anvertrauen, wenn wir welche hätten. Und seit wir da waren, hätten wir gern welche. Hallo, eBay Kleinanzeigen, gibt’s vielleicht Herdenrabatt?
Aber eins nach dem anderen. Als wir bei ihr vorfahren, steht sie schon in der Tür und erwartet uns. Nach der herzlichen Begrüßung gibt es erst mal für jeden ein neues Outfit: Ein eleganter Overall mit Kapuze soll uns vor Schmutz und vor allem vor Geruch schützen. Das ist sinnvoll, wie man merkt, wenn man trotzdem noch zwei Tage später einen dezenten Ziegengeruch in den Klamotten feststellt. Interessantes Souvenir eigentlich.
Ganz in Grün ging’s dann ab in den Stall. Zu gern würden wir euch wunderschöne Bilder von grünen Bergwiesen in der strahlenden Sonne Norwegens zeigen, aber erstens regnete es und zweitens hatte Eva die Herde gerade von der Sommerweide reingeholt. Dort, in etwas höheren Lagen, sind sie für gewöhnlich von Mai bis Anfang Oktober rund um die Uhr draußen.
Allerdings reagieren die kurzhaarigen Tiere empfindlich auf Kälte und im Oktober kann in den Bergen, wo Evas Ziegen grasen, durchaus schon Schnee fallen. Das durften wir ja später selbst noch erfahren.
Im Stall treffen wir 190 Ziegen. Obwohl der Raum nicht besonders weitläufig ist, bleibt ein großer Teil der Fläche frei. Alle drängen sich in derselben Ecke. Kein Wunder, Ziegen sind Herdentiere. Und ihre neugierige und zutrauliche Art macht sie nicht zufällig zu den Stars im Streichelgehege jedes Tierparks. Entsprechend schwierig war es, inmitten der Herde zu stehen und Fotos zu machen. Während sofort zwei besonders neugierige Kolleginnen liebevoll am linken Bein des Overalls kauen, schubbert sich eine dritte beherzt am rechten. Gar nicht so einfach, dabei die Kamera ruhig zu halten. Unmöglich, dabei nicht zu grinsen.
So gesellig Ziegen auch sind – beim Fressen ist sich jede selbst die Nächste. Damit keine Hunger leiden muss und jede genau das richtige Futter erhält, gibt es drei Hightechfutterstellen. Nur eine Ziege zur Zeit kann dort rein und welche das ist, erkennt die Maschine an einem Chip, den die Ziege im Ohr trägt.
Die Ziege kriegt dann das Kraftfutter in genau der Zusammensetzung und Menge, die sie braucht. Durchschnittlich 600 Gramm davon verputzt sie in acht über den Tag verteilten Portionen. Wer danach noch Hunger hat, muss nur den Kopf durch die Gitter stecken, um sich etwas vom Heu zu schnappen, das auf der anderen Seite liegt. Das macht Eva übrigens selbst.
Ob die Ernährung richtig ist, erkennt man an dem, was bei der Ziege hinten wieder rauskommt. Ohne Handschuhe oder mit der Wimper zu zucken, sammelt Eva etwas davon auf, um es uns zu zeigen. „So muss das aussehen. Dann geht es der Ziege gut.” Alles klar, wieder was fürs Leben gelernt.
Beim Melken kommt ebenfalls ausgeklügelte Technik ins Spiel. Auch hier erkennt das Gerät das Tier und misst die Milchmenge, morgens und abends je einmal. Wie Zähneputzen also. Wenn immer weniger Milch dabei herauskommt, lösen sich die Kontakte der Maschine und die Ziege geht einfach wieder zurück zu den anderen. Das Ganze dauert 25 Minuten.
Auf diese Weise erzeugt Eva 126.000 Liter Milch im Jahr und zwar, wie Steffen nickend bestätigt, von bester Qualität. Um die letztlich auch abliefern zu können, braucht sie auch für die Lagerung zwischen Melken und Abfuhr zuverlässig funktionierende Technologie: einen großen Kühltank, in dem die Milch bei einer Temperatur unter vier Grad aufbewahrt werden kann, damit sie nicht sauer wird.
Wie schon zuvor in der Molkerei verabschieden wir uns auch hier von irgendwelchen romantischen Vorstellungen und von dem Glauben, dass dieses Geschäft irgendwie einfach ist.
Vielmehr scheint es eine Wissenschaft zu sein. Das wird uns endgültig klar, als Steffen von damals erzählt. Da fing die Ziegenmilch irgendwann an, ganz fürchterlich zu schmecken. Nach einer langen Zeit der Ratlosigkeit, diversen Theorien, die erdacht und verworfen wurden, und viel ungenießbarer Milch kam Steffen auf die Idee, die Stammbäume der Ziegen eingehend zu untersuchen. Um es ganz kurz zu machen: Es kam heraus, dass den Ziegen in der Zucht ein Gen abhanden gekommen war. Das Alpha-S-Gen (Wer kennt es nicht?) fehlte bei den Ziegen, die schlechte Milch gaben. Ganz anders die Ziegen mit Alpha-S-Gen: lecker Milch. Viele von denen gab es aber nicht, also recherchierte Steffen und wurde in Frankreich fündig. Am Ende waren es also französische Ziegen, die Norwegens Milch und somit Snøfrisk® retteten. MERCI BEAUCOUP! Darauf ein Baguette mit Snøfrisk®.
Wir sind jetzt durch den ganzen Betrieb gegangen und merken, dass wir außer Eva nur Ziegen gesehen haben. Keinen Menschen. Da drängen sich uns zwei Fragen auf:
“Machst Du das alles ganz allein?”
“Für die Heuernte hole ich mir Hilfe.”
Ach so. Na dann. Wir dachten schon …
Und: “Machst Du auch mal Urlaub?”
“5 Tage im letzten Jahr. Meine Schwester springt dann ein.”
Spätestens jetzt streichen wir Ziegenbauer von der Liste unserer Traumjobs. Wir danken Eva für ihre Zeit, die sie wahrscheinlich gar nicht hatte, und verabschieden uns. Wir wissen nicht, was sie dann gemacht hat. Melken? Milchtank checken? Trecker warten? Tierarzt anrufen? Oder lieber ein bisschen mit den Ziegen kuscheln? So viel Zeit muss schließlich sein. Obwohl: Auch dafür gibt es hilfreiche Technik.
Alle Bildrechte liegen bei der TINE SA. Fotograf: Lothar Arnemann, www.lotariat.de